Donnerstag, 19. Juli 2012

Enjoy the ride...

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Sonntag, 8. Juli 2012

Cordillera Blanca




Cuenca. Endlich bin ich wieder einmal in einer Stadt, in der ich mich so richtig wohl fühle. Die vielen Kirchen, die bunten kolonialen Gebäude und die engen gepflasterten Gassen verleihen der Stadt einen außergewöhnlichen Charme. Ausserdem sitze ich seit Monaten wieder einmal in einem Strassencafe, geniesse die Sonnenstrahlen und lasse das bunte Treiben auf der angrenzenden Plazuela auf mich wirken. 

Vor ein paar Tagen habe ich in einem Restaurant  Angelica kennengelernt. 
Sie stammt aus Ecuador, lebt aber seit über 20 Jahren in den USA. Wie viele Ecuadorianer sind auch ihre Eltern vor etwa 25 Jahren in die USA ausgewandert. Sie und ihre Geschwister blieben in der Heimat zurück und wurden von der Grossmutter aufgezogen. Erst einige Jahre später konnte die Mutter, ein Kind nach dem anderen in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nachholen. Ohne auch nur ein einziges Wort Englisch zu sprechen, mussten sie sich in dem neuen, unbekannten Land behaupten.  Dann hat auch noch der Vater  die Familie im Stich gelassen und die Mutter war mit ihren vier Kindern auf sich alleine gestellt. Aber allen Schwierigkeiten zum Trotz überwand Angelica alle Hindernisse. Vor einer Woche ist sie nun als Sozialarbeiterin nach Ecuador zurückgekehrt und kümmert sich um zerrissene Familien mit ähnlichem Schicksal. 

Es kostet mich einiges an Überwindung, mich von diesem angenehmen Ort zu lösen. Noch einmal gönne ich mir ein gemütliches Frühstück im "Coffeetree" und   sitze wenig später wieder im Sattel auf dem  Weg zur peruanischen Grenze. 
Allmählich verwandeln sich die saftigen Wiesen, die grünen Wälder und das fruchtbare Ackerland   in eine trockene, steinige und wüstenhafte Landschaft, in der nur kleine, bewässerte grüne Inseln dem Auge etwas Abwechslung bieten. 


Schulbus in Ecuador 


An der Küste kehrt dann das satte Grün in Form riesiger Bananenplantagen zurück. Gemütlich rolle ich auf den schnurgeraden und topfebenen Schneisen durch die ausgedehnten Felder, die nur manchmal von kleinen, wenig einladenden Dörfern unterbrochen werden. 
Aber schon bald verabschiede ich mich vom Bananenland und eine endlos lange Strasse führt mich  wieder hoch in die Berge und bietet dabei fantastische Ausblicke auf das dicht bewachsene Hügelland des südlichen Ecuadors.



Nur winzige Dörfer säumen die Strecke,  aber jede Menge festzeltartiger Hühner- und Schweineställe, in denen tausende bedauernswerter Kreaturen  ihrem traurigen Schicksal  entgegenfristen. Da es keine Unterkünfte  gibt und Plätze zum Zelten schwer zu finden sind, habe ich wiederholt das Vergnügen, mein Nachtlager direkt  neben einem Schweinestall  aufzuschlagen. 


Noch heute, Wochen später, kriecht mir manchmal noch immer von irgendwoher dieser durchdringende Schweinegeruch in die Nase. 

Nach ein paar Tagen erreiche ich Catacocha, ein kleines, außergewöhnlich freundliches ecuadorianisches Hochlanddorf, in dem das tägliche Leben der Menschen einem ganz eigenen Rhythmus folgt. Der  technische Fortschritt und westliche Ideale finden scheinbar nur langsam ihren Weg in diese entlegene Region. 
Kirche von Catacocha
Zwei Stunden lang sitze ich  auf einer Bank auf der liebevoll gepflegten kleinen Plaza und beobachte den Lauf der Dinge um mich herum. Ältere Menschen sitzen auf Bänken und Mauern und erzählen sich wohl Geschichten aus ihrem langen, ereignisreichen Leben. Dazwischen sorgen jede Menge  Kinder aller Altersgruppen mit ihrem ausgelassenen Geschrei dafür, dass sich ihre Fröhlichkeit  bis in die letzten Winkel des Dorfes ausbreitet.  Ein junger Eisverkäufer kreist mit seinem Wagen um die Plaza und bringt in der kühlen frostigen Hochlandluft nur selten einen seiner kunterbunten Lutscher an den Mann. Taxifahrer lehnen  an ihren Autos und blättern gelangweilt in lokalen Zeitungen, die sich mit ihren Nahaufnahmen von Mord- und Unfallopfern in Geschmacklosigkeit stets selbst übertreffen. 
Farbige Häuser aus Adobeziegeln mit hübschen kleinen Balkonen umgeben den Dorfplatz und verleihen der Szene einen passenden Rahmen. 
Orte wie Catacocha sind Balsam für die Seele und haben etwas wohltuend Beruhigendes an sich. 

Statt  dem hektischen Trubel und verwirrenden Chaos, der mich normalerweise an Grenzübergängen erwartet, herrscht hier pure 
Gemütlichkeit. Es gibt offensichtlich wenige Gründe für Ecuadorianer nach Peru zu reisen und umgekehrt. 
Im peruanischen Immigrationsbüro sitzt ein gelangweilter Beamte, der mir wortlos ein Formular entgegenschiebt, das ich ihm genauso wortlos wieder zurückschiebe.   Zack ein Stempel, 90 Tage und schon  10 Minuten später rolle ich auf peruanischen Asphalt. Am Strassenrand reihen sich ärmliche Hütten, ölverschmierte Autowerkstätten und die allgegenwärtigen Vulcanizadores (Reifenflicker) aneinander, und die Umstaende, in denen die Menschen hier in dieser Grenzregion leben, sind deprimierend. 

Abends erreiche ich Tambo Grande. Die Stadt empfängt ihre Besucher mit einem pompösen Torbogen, der wohl ein wenig über die Trostlosigkeit dieses Ortes hinwegtäuschen soll. Die Stadt ist umgeben von riesigen Mangoplantagen und Fabriken, in denen die Früchte verarbeitet werden. 
Allerdings gibt es hier  nur wenige Monate im Jahr Arbeit, was wohl der Grund dafür ist, dass die Behausungen der Menschen einen sehr armseligen Eindruck machen.  
Im Zentrum der Stadt herrscht ein entsetzliches Chaos, und obwohl ich mir über die vergangenen Monate eine überlebenswichtige Lärmtoleranz  zugelegt habe, empfinde ich den Trubel hier fast unerträglich. Hunderte Mototaxis bahnen sich mit einem unvorstellbaren Hupkonzert ihren Weg durch die engen Gassen und Strassen der Stadt und sorgen für  dicke Luft und gewaltige Hektik. Schnell merke ich, dass man als Fußgänger in diesem Verkehrschaos verloren ist und steige auch auf die lärmenden Gefährte um. Eine Fahrt kostet pauschal 1 Sol (30 cent). Es ist ratsam, sich hier in Peru einen guten Vorrat an Kleingeld zuzulegen. 
"No hay cambio" (ich kann nicht wechseln) heisst es hier oft, selbst wenn man mit einem 10 oder 20 Soles-Schein bezahlen will. Mit meinem ersten Tuk Tuk Fahrer renne ich in drei verschiedene Geschäfte, bis mir endlich jemand einen 10 Soles-Schein wechseln kann.  
Manchmal ist diese Welt richtig gemein. Man könnte meinen, das Leben wäre  an einem Ort wie Tambo Grande   schon beschwerlich genug. Aber leider müssen sich die Menschen hier neben den Mototaxis noch mit einer zweiten Plage herumschlagen.  Dabei hat sich die Natur eine  sehr kreative 
Überraschung einfallen lassen. Es beginnt irgendwann gegen abend. Die Luft beginnt zu surren und Millionen Grillen mischen sich ins ohnehin schon unerträgliche Getümmel der Stadt. 
Einer sagt, sie kämen aus dem Müll. Ein Anderer sagt, sie kämen aus dem Gras. Aber das lässt sich hier manchmal nicht so leicht trennen. 
Die Menschen in Tambo Grande gehen bemerkenswert gelassen mit dem Grillenproblem um. Niemand scheint sich wirklich darueber aufzuregen. 
Bei mir funktioniert das Ignorieren leider noch nicht. Grillen auf dem Teller, in den Haaren,  im Bett, in der Dusche - mir ist nach durchdrehen zu mute. Ich versuche mich in einem Internetcafe abzulenken. Ein guter Versuch, aber hier ist es besonders arg. Die Decke und die Wände sind pechschwarz übersäht mit den Insekten.  
Selten habe ich mich so auf den nächsten Morgen gefreut, da er  mir Gelegenheit gibt, möglichst schnell aus Tambo Grande zu verschwinden. 

In Peru gibt es fast nur Mototaxis, Taxis, Lkws und Busse. Die wenigsten Menschen  können sich hier ein privates Auto leisten. Deswegen herrscht auch relativ wenig Verkehr auf Perus Landstrassen.  
Auf dem Weg  nach Chiclayo begegnet mir nur ab und zu ein Fahrzeug, was das Radfahren sehr angenehm macht. 

Öfters ueberquert man mittels Furten kleine Flüsse und Bäche. Das ist jedoch meist kein Problem, da das Wasser  nicht sehr tief ist. Mit Entschlossenheit und viel Schwung kommt man fast immer trockenen Fusses ans andere Ufer. 

Leider merke ich erst als ich triefend aus dem Wasser robbe, dass manche dieser Furten mit einer seltsamen Schmierseifenalge überzogen sind, auf der die Reifen sofort bei Wasserkontakt wegrutschen.  Bei der nächsten Furt probiere ich es wieder. Dieses Mal langsam und mit Gefühl. Aber wieder liege ich der Länge nach im Wasser. Zwei Peruaner beobachten die Szene und amüsieren sich köstlich, was meine Stimmung nicht gerade erhellt. 




In Peru gibt es immer eine Grund zu feiern...








Amigo ciclista...




Ab der Stadt Chiclayo bin ich dann wirklich gefangen in der Eintönigkeit der peruanischen Küstenwüste. In manchen Regionen ist den Peruanern allerdings Erstaunliches gelungen. 
Mit Hilfe eines ausgeklügelten Kanalsystems wurden ganze Landstriche dieser Wüste bewässert und so fruchtbar gemacht, dass inmitten dieser Einöde aus Sand riesige Reis- und Zuckerrohroasen entstehen konnten.  
Um diese Plantagen sind kleine Siedlungen entstanden, in denen  sich die erschreckende Armut und die Ausbeutung der Arbeiter widerspiegelt. 

Arbeitersiedlung 
















In Pacasmayo am Pazifik muss ich dann das erste Mal auf dieser Reise für etwa 100 km in einen Bus steigen. Paijan, ein kleiner trostloser Wüstenort, gilt als sehr gefährlich. 
Viele Autos, Busse und vor allem einige Radfahrer sind in den vergangenen Jahren dort überfallen worden. Man nimmt an, dass die Polizei mit den Verbrechern zusammenarbeitet und es daher für alle Beteiligten ein lukratives Geschäft ist. Nur die bedauernswerten Opfer, die verlieren in wenigen Sekunden alles, was sie besitzen. 


Trujillo an der Pazifikküste ist eine geschäftige,  moderne Stadt und ein idealer Ort um neue Kraft für die schwierige Route durch die peruanischen Anden zu tanken. Hier gibt es ein so genanntes "Casa de Ciclistas".  Diese werden meistens von radbegeisterten Menschen geführt und bieten Radreisenden kostenlose Unterkunft und oft auch die Möglichkeit, sich fernab der Heimat ein wenig wie zu Hause zu fühlen. 

Lucho, eine peruanische Radsportikone, führt seit 20 Jahren das wohl bekannteste Casa de Ciclistas, das sich mittlerweile zu einem Treffpunkt für Reiseradler aus aller Welt entwickelt hat. Wieder einmal treffe ich hier Ian aus Irland und ein amerikanisches Ehepaar, das Richtung Norden unterwegs ist. 
Neben der überwältigenden  Gastfreundschaft, die  Lucho Reisenden entgegenbringt, ist er einem auch bei allerhand radtechnischen Problemen behilflich. 
Ich nütze die Gelegenheit und tausche nach fast 20.000 km einige wichtige Teile an meinem Fahrrad aus.  Vor allem das Tretlager ist müde geworden und gab schon stark verdächtige Geräusche von sich.

In Trujillo beginnt wohl eine der schwersten, aber auch schönsten Etappen meiner Reise. Eine einsame Schotterpiste führt durch den faszinierenden "Canon de Pato" hinauf in die Bergsteigermetropole Huaraz, umrahmt von den 6000ern der Cordillera Blanca. 
Es ist ein abenteuerlicher und einsamer Ritt auf staubiger Piste, oft bedrohlich nahe am Abgrund, durch über 30 Tunnel, in atemberaubend schöner Umgebung.  






















Nach ein paar Tagen erreiche ich Yungay, ein beschauliches und authentisches Andendorf,  das vom blühenden Tourismus im naheliegenden Huaraz gänzlich unberührt bleibt. Ein Denkmal erinnert an die größte Naturkatastrophe in Peru im Jahre 1970, als nach einem Erdbeben eine riesige Lawine über das Dorf hinwegfegte und 18000 Menschen unter sich begrub. 

Die Schönheit dieser grandiosen Landschaft ist einzigartig und verleiht mir neue Kräfte. Ich beschliesse, auf einer abenteuerlichen und spannenden Rundtour tief in das Herz der Cordillera Blanca einzutauchen. 





Protestmarsch in Carhuaz




Ueber 2000 m windet sich eine Strasse durch malerische Landschaft hoch zum fast 5000 m hohen Punta Olimpica Pass. Obwohl ein grosser Teil der Strasse in den letzten Jahren asphaltiert wurde, bleibt der Pass schon allein aufgrund seiner Höhe eine riesige Herausforderung für Radfahrer. Die Ausblicke auf die umliegenden 6000er sind fantastisch. 

Szenen aus dem Dorf Shilla auf dem Weg zum Punta Olympia:






Die erste Nacht verbringe ich direkt am Fusse des Huascaran. Die Gletscher und Eisfälle scheinen zum Greifen nah. 
Leider schafft es die Sonne nur selten, die dichten  Wolken zu durchdringen und auf den letzten endlosen Serpentinen vor der Passhöhe schliesst sich eine bedrohliche dunkle Wolkendecke wie ein Vorhang und im Schein der letzten Sonnenstrahlen  legt sich eine magische Stimmung über die Landschaft. 
Es rieseln bereits die ersten Flocken vom Himmel, als mir ein deutsches Paar auf Motorrädern entgegenkommt. Es ist nicht schwer zu erraten, was sie denken. Sie erzählen mir, dass weiter oben auf dem Pass viel Schnee liege und es  schon mit dem Motorrad eine riesige Herausforderung gewesen wäre, durchzukommen. 











Das Schneetreiben wird immer dichter, aber noch immer radelt es sich ganz gut. Verrückt, was mit dem Fahrrad alles möglich ist. Auf 4900 m führt die Strasse zwischen 2 Felswänden hindurch und neigt sich endlich wieder nach unten. Die Freude, ganz oben zu stehen, wird stark getrübt durch die schlechte Sicht. An einem klaren Tag muss der Ausblick von hier oben gigantisch sein. 










Das Wetter in den Anden kann sich in Minutenschnelle ändern. Daher  beschliesse ich die Nacht hier oben zu verbringen, um morgen, hoffentlich bei strahlendem Sonnenschein aufzuwachen. Ich stelle mein Zelt irgendwo in den Schnee und krieche in den warmen Schlafsack. Manchmal denke ich mir, ich könnte eigentlich mit leichterem Gepäck reisen und sollte unbedingt ein wenig Ballast abwerfen. Aber an Tagen wie diesen,  bin ich so richtig froh, dass meine Ausrüstung auch auf schwierige Verhältnisse ausgerichtet ist. Draussen schneit es wie verrückt, es ist grausam kalt und trotzdem  fühle ich mich pudelwohl. 
Nur das Schlafen in diesen Höhen macht mir Probleme.  Es dauert manchmal ewig, bis ich den Weg ins Land der Träume finde. 
Gegen Abend hört es dann auf zu schneien und in der Nacht ist der Himmel bereits sternenklar. 
Der nächste Morgen begrüßt mich mit ein paar Sonnenstrahlen, aber noch bevor ich aus dem Schlafsack krieche, ziehen wieder verdächtige Wolken über mir hinweg. 






Ich geniesse noch kurz das Panorama und mache mich dann auf die lange Abfahrt nach Chacas. 
Spätestens in diesem Ort ist man dem traditionellen Leben in den Anden sehr nahe gekommen. Die Idylle, die in diesem Dorf herrscht, ist mit Worten kaum zu beschreiben. 
Schneeweisse Adobehaeuser mit holzgeschnitzten Balkonen, grob gepflasterte Strassen, eine beeindruckende Kirche und viel authentisches Leben erwartet den Besucher in Chacas. Im Hintergrund die schneebedeckten Riesen der Cordillera Blanca. Es ist ein Ort, wie aus dem Bilderbuch. Es ist mir ein Rätsel, warum nicht öfter Reisende den Weg in diese Gegend finden.












Dieses Tal östlich der Cordillera Blanca nennt sich Callejon de Conchucos. Die isolierte Lage und schwierige Erreichbarkeit mancher Dörfer sorgte dafür, dass die Bewohner lange wenig Kontakt mit der Aussenwelt hatten und sie daher ihre Kultur und ihre Traditionen dementsprechend stark  bewahren konnten. Viele Dörfer  dieser Region sind nur über Fusswege erreichbar und ihre Bewohner sprechen ausschliesslich  Quechua. 






















Der  Weg zurück in den Callejon de Huaylas, führt mich über holprige Pfade und  durch winzige Dörfer. Manchmal versammeln sich Dorfbewohner in Scharen um mich und überhäufen mich mit ihrer Neugier. Es sind zwei sehr verschiedene Welten, die hier aufeinandertreffen. 

Während eines ganzen Tages begegnet mir nicht ein einziges Fahrzeug auf dem Weg von Chacas nach Yanama. Immer wieder gabelt sich die Strasse und es dauert manchmal lange, bis ich jemanden finde, den ich nach dem Weg fragen kann.  
In einem kleinen Dorf, das nur aus ein paar Lehmhäusern besteht, werde ich dazu eingeladen, frisches Chicha zu probieren. Ein Junge bringt gleich einen ganzen Eimer voll. 
Irgendwann, als mir das Chicha bereits aus den Ohren quillt, lässt mich die Dorfgemeinschaft schliesslich weiterziehen. Als kleines Geschenk geben sie mir noch den Hinweis mit, dass es nach einem kleinen Hügel eigentlich nur noch abwärts geht. Und immer wieder falle ich auf diesen Trick herein. Drei Stunden später, das Chicha-Dorf liegt weit unten, so klein dass ich es kaum mehr erkennen kann. Und noch immer zieht sich die holprige Piste höher und höher.  Und noch immer ist weit und breit keine Passhöhe in Sicht.  





















Rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit erreiche ich Yanama. Ähnlich wie Chacas, hat auch dieses Dorf einen unverwechselbaren Charakter und auf Anhieb spürt man die Freundlichkeit, mit der einem die Menschen hier begegnen. 
Die Kinder und Jugendlichen im Ort üben gerade für eine Parade anlässlich des am 2. Juli stattfindenden Jahrestages der Dorfgründung. Im militärischen Drill marschieren sie im Takt einer Trommel durch das Dorf und ein Mann im Trainingsanzug brüllt Kommandos in die Menge.  
Obwohl  die koordinierten, synchronen Bewegungen der Kinder irgendwie beeindruckend sind, ist das Ganze doch  ein seltsames Schauspiel. 
Nach der Parade stehe ich und mein Fahrrad dann im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Nachdem der Fragenkatalog endgültig ausgeschöpft ist, schieben mich etwa 20 Kinder hinauf zur  Herberge "Andenlodge". Der Besitzer öffnet die Tür und erschrickt förmlich wegen der Menschenmenge vor seinem Haus.  





















Diese Route in der Cordillera Blanca bietet gewaltige Naturerlebnisse. Aber es sind vor allem die berührenden und herzlichen Begegnungen, die mir immer in Erinnerung bleiben werden.
Allerdings muss man dafür hart arbeiten. Zum dritten Mal geht es über einen 4000er-Pass. Diesmal über den Portachuelo LLanganuco auf 4800 m.  
Während mir beim Punta Olimpica der Ausblick auf die Bergriesen verwehrt blieb, stehe ich bei strahlendem Sonnenschein auf dem Portachuelo. 
Mit einer Tasse Cocatee sitze ich vor meinem Zelt und beobachte wie das Licht der Abendsonne, die Giganten der Cordillera Blanca zum Glühen bringt. 
In Momenten wie diesen kann ich schweben und  das Leben schenkt mir pure Freude und grenzenlose Zufriedenheit.   

























Strassen, die sich in Serpentinen die Berge hochwinden, haben mich immer schon fasziniert.  Sie haben für mich etwas ästhetisches an sich.     
Die Strasse, die sich von den Llaganucoseen zum Portachuela hochschlaengelt, ist für mich die unangefochtene Königin der Serpentinenstrassen.  
Dieses Bauwerk ist einfach unfassbar. 

















Man könnte meinen eine Abfahrt über mehr als 2000 Höhenmeter müsste jedem Radfahrer Jubelschreie entlocken. Diese Piste ist allerdings so steinig und holprig, dass einem eigentlich zum weinen zumute ist. 
Als ich unten in Yungay ankomme, bin ich fix und fertig und brauche unbedingt ein paar Ruhetage in Huaraz.
Hier sitze ich im Café Andino bei einem fürstlichen Frühstück und lasse die vergangenen Tage Revue passieren.